Weihnachtsgedanken 2018

ani weihn05Weihnachten, früher und heute

Weihnachten 1958 und 2018


Weltweit lässt sich der Brauch des Schenkens an Weihnachten nicht mehr wegdenken. In meiner Kind- und Jugendzeit hat sich die Familie an Heiligabend nachmittags in der Küche versammelt. Verwandte, die man das ganze Jahr über nicht gesehen hat, stoßen zu uns, um am Warenaustausch teilzunehmen. Mit übertriebener Freundlichkeit begrüßt man sich mit "Frohe Weihnachten", daraufhin betritt die liebe Verwandtschaft die Küche. Das Radio dudelt x-mal Stille Nacht, Süßer die Glocken, Alle Jahre wieder usw. während die zu Nadeln beginnende Tanne aus dem Forstkastner Wald von Muttern geschmückt wird. Auch die Valetinengerl werden aufgestellt.

Nach einer längeren Wartezeit bimmelt Mutti mit einem Glöcklein zur Bescherung. Das Wohnzimmer wird nur vom Christbaum beleuchtet und nach einem "Ahh" und "Ohh" wird zur Phase der Bescherung geschritten. Die Schlacht mit Geschenkpapier und der Verpackung beginnt. Liebevoll geknotete Schleifchen werden zerschnitten, danach das Geschenkpapier zerrissen, um so schnell wie möglich das aus den Schachteln das Verborgene zu errhascheen. Nach Begutachtung der Geschenke, schreiten alle mit fröhlichem, manchmal enttäuschtem Gesicht an den Tisch mit dem Weihnachtsbraten. Der Ofen wird noch einmal kurz mit Briketts gefüttertund und es verbreitet sich eine wohltuende Wärme

Im Radio erfährt man in den Nachrichten, dass der Einzelhandel nach dem Kassensturz mit dem Weihnachtsgeschäft sehr zufrieden war. Die Erwartung, dieses Jahr noch mehr Ramsch verhökert zu können, als im Vorjahr, hat sich voll erfüllt. So kann auch bei den Geschäftsleuten die Zeit der Einkehr begonnen.

Nun stellt sich mir die Frage, was mache ich heute an Weihnachten?

Leider habe ich keine Familie mehr, keinen Christbaum und bin auch nicht unbedingt in weihnachtlicher Stimmung. Na ja, ich schalte halt den Fernseher ein. Tränen laufen mir herunter, als ein Kinderchor "Es wird scho glei dumper" singt. Hastig öffne ich eine Flasche Glühwein, leere sie in einen Topf und verbrenne mir beim Ausgießen die Finger. Ich muss zugeben, in diesem Moment war mir nicht nach "Oh du Fröhliche" zumute. In den Nachrichten wird mir das bestätigt, was mir ein Blick aus dem Fenster zeigt, keine einzige Schneeflocke fällt vom Himmel. Es wird auch neben den üblichen Schauergeschichten von Kämpfen in Nahost, eine weitere erdrückende Meldung gebracht.

tsunami dez 2018

Ein Tsunami in Indonesien forderte mindestens 373 Tote. Diese Katastrophe wurde durch Eruptionen des Vulkans Anak Krakatau ausgelöst und ein gewaltiges Seebeben war die schreckliche Folge. Inzwischen sind 844 Todesopfer, darunter 34 Kinder zu beklagen, was nach den Weihnachtsfeiertagen bekannt gegeben wurde. Das YouTube-Video zeigt das Ausmaß der Katastrophe.

Eine weitere Tasse Glühwein beruhigt mich wieder und ich freue mich auf die Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier.

steinmeier dez 2018

In einem YouTube-Video kann man sich die Worte des Bundespräsidenten noch einmal einverleiben.

Nun aber schnell umschalten, um das absolute Weihnachts-Highlight, die Helene Fischer Show nicht zu versäumen. Danach unterhalten mich private Sender mit unzähligen Werbeeinblendungen, die mir mit gut gemeinten Vorschlägen den nächsten Einkauf versüßen wollen. Ich nutze diese weisen Empfehlungen, um auf die Toilette zu gehen, denn der Glühwein ruft.

Das Angebot an Unterhaltung und aktuellen Spielfilmen ist an Weihnachten schier grenzenlos und ich entscheide mich für "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" und "Der kleine Lord". Bei "Sissi" werde ich schläfrig und schalte auf ZDFneo um.

In diesem Augenblick wusste ich, was mir schon immer gefehlt hat, und zwar ein offener Kamin. ZDFneo überraschte die Zuschauer mit einem gemütlichen Kaminfeuer. Das Lodern und Knistern des Feuers vermittelt weihnachtliche Stimmung ohne Worte aber mit unglaublichem Unterhaltungs-Potential. Ich schaltete das Licht aus und hatte in meiner kleinen Bude endlich mal einen offenen Kamin, geruchlos und ohne Brandgefahr. Ein Jagdhund, der zeitweise träge neben dem Kaminfeuer lag, steigerte die Handlung bis ins Unermessliche.

Nach der letzten Tasse Glühwein, schlief ich gemütlich am Stuhl, den Kopf zwischen den Armen auf dem Tisch gestützt ein, bis mich die eingeschlafenen Gliedmaßen jäh aus dem Schlaf rissen.

Zurück